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Starker Wind, starke Pflichten: Was Eigentümer und Verwalter zur Sturmsicherung wissen müssen


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Heftige Herbststürme sind in Deutschland keine Seltenheit. Sie können nicht nur unangenehm sein, sondern auch erhebliche Schäden an Wohngebäuden verursachen und damit die Frage nach der Haftung aufwerfen. Als Hausverwalter oder Eigentümer tragen Sie eine besondere Verantwortung – die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Sie müssen präventive Maßnahmen ergreifen, um Ihr Eigentum sturmfest zu machen und potenzielle Gefahrenquellen zu eliminieren.



Die Verkehrssicherungspflicht: Wer ist verantwortlich?

Grundsätzlich ist der Grundstückseigentümer für den ordnungsgemäßen und gefahrlosen Zustand des Gebäudes verantwortlich. Ihm obliegt die originäre Verkehrssicherungspflicht.


Besondere Regelungen in der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)


Seit der WEG-Reform (1.12.2020) liegt die originäre Verkehrssicherungspflicht bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Die GdWE haftet für Pflichtverletzungen der Verwaltung.

  • Übertragung auf den Verwalter: Die GdWE kann die Verkehrssicherungspflicht auf den WEG-Verwalter übertragen. Dieser fungiert dann als ausführendes Organ ($ 9b WEG).

  • Haftung des Verwalters: Im Innenverhältnis zur Eigentümergemeinschaft kann der Verwalter haften, wenn er seine Aufgaben schlecht oder gar nicht erfüllt.

  • Mieter: Vermieter können die Verkehrssicherungspflicht für bestimmte Bereiche (z.B. Reinigung, Winterdienst) durch eine Vereinbarung im Mietvertrag oder in der Hausordnung auf Mieter übertragen. Die Kontrolle dieser Pflichten verbleibt jedoch beim Eigentümer.



Präventive Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen

Die beste Verteidigung gegen Sturmschäden ist die Prävention. Regelmäßige Kontrollen sind essenziell, um etwaige Haftungsansprüche zu reduzieren.


Das Gebäude im Fokus


Führen Sie regelmäßige Begehungen der Wohnanlage durch, um Mängel festzustellen.

  • Dach und Fassade: Überprüfen Sie regelmäßig die Dachziegel, Regenrinnen, Schornsteine, Solaranlagen und Satellitenschüsseln. Sie müssen sicher befestigt sein. Ein jährlicher Wartungsvertrag für das Dach, kombiniert mit einer Dachrinnenreinigung im Herbst, kann das Risiko deutlich verringern.

    • Gerichtsurteile (z.B. OLG Stuttgart) zeigen, dass Eigentümer im Schadensfall nachweisen müssen, dass der Schaden nicht auf mangelhaften Unterhalt zurückgeht.

  • Grundstück und Außenanlagen: Kontrollieren Sie Zäune und insbesondere Bäume. Gehölze im Gemeinschaftseigentum sollten regelmäßig vom Fachmann inspiziert und von Totholz befreit werden.

    • Der Bundesgerichtshof (BGH) hält in der Regel eine Sichtkontrolle von Bäumen zweimal pro Jahr für ausreichend.

  • Lose Gegenstände: Sorgen Sie dafür, dass vor angekündigten Stürmen alle Gartenmöbel, Blumenkübel, Balkonkraftwerke und andere lose Gegenstände gesichert oder entfernt werden.


Der Verwalter muss festgestellte Mängel den Eigentümern zeitnah mitteilen und eine Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeiführen. Auch Hinweisen von Eigentümern oder Dritten ist zeitnah nachzugehen.



Handeln im Schadensfall: Akutmaßnahmen und Dokumentation

Tritt der Schaden ein, ist schnelles und strukturiertes Handeln gefragt.


Pflichten des Verwalters im Notfall (WEG)


Bei akuter Gefahr oder zur Schadensminderung, z. B. wenn das Dach beschädigt ist und es ins Haus regnet, muss der Verwalter ohne vorherige Einberufung einer Eigentümerversammlung handeln (§ 27 Abs 1. Nr. 2 WEG). Er muss dafür sorgen, dass die Gefahrenlage beseitigt wird und sich der Schaden nicht vergrößert.


Die richtige Schadensmeldung bei der Versicherung


Ein ersatzpflichtiger Sturmschaden liegt bei den meisten Versicherungen erst ab Windstärke 8 vor (62 km/h).

  1. Meldung: Melden Sie den Schaden schnellstmöglich dem Versicherer oder Makler.

  2. Dokumentation: Sorgen Sie für eine aussagefähige Dokumentation und Beweissicherung durch Fotos. Listen Sie alle beschädigten Gegenstände auf und beschreiben Sie Umfang sowie Zeitpunkt des Schadens möglichst exakt. Auch Zeugenaussagen können hilfreich sein.

  3. Beweise sichern: Beschädigte Gegenstände sollten Sie bis zur Schadensbearbeitung oder Entsorgungsfreigabe durch den Versicherer aufbewahren.

  4. Kostenvoranschläge: Holen Sie Kostenvoranschläge für die Reparaturen ein und reichen Sie diese bei der Versicherung nach.

  5. Windstärke nachweisen: Der Nachweis der Windstärke erfolgt am einfachsten über Wetterdaten. Hilfsweise können Schäden an baulich einwandfreien Gebäuden in der Umgebung zum Vergleich herangezogen werden.



Welche Versicherung zahlt was?

Als Verwalter sind Sie verpflichtet, für eine angemessene Versicherung der Eigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht-Ansprüche zu sorgen. Bei Sturmschäden kommen verschiedene Versicherungen in Betracht:

Schadenart

Zuständige Versicherung

Abdeckung/Hinweis

Schäden am Gebäude (Dach, Mauern, fest montierte Teile, Folgeschäden wie durchfeuchtete Wände)

Wohngebäudeversicherung

Deckt das gemeinschaftliche und das Sondereigentum (Gebäudeteile) ab. Sollte auf Nebengebäude, Zäune und die Beseitigung umgestürzter Bäume erweitert werden.

Schäden durch Überschwemmung (z.B. vollgelaufener Keller)

Elementarschadenversicherung

Muss in der Regel zusätzlich zur Gebäudeversicherung abgeschlossen werden.

Schäden an Fahrzeugen (auf dem Stellplatz der Anlage)

Kfz-(Teil-)Kaskoversicherung des Halters

Liegt nicht in der Zuständigkeit des Verwalters.

Schäden am beweglichen Hab und Gut von Mietern/Eigentümern (z.B. zerfetzter Sonnenschirm, beschädigtes Mobiliar im Sondereigentum)

Hausratversicherung des Eigentümers/Mieters

Liegt nicht in der Zuständigkeit des Verwalters.

Haftungsansprüche Dritter (durch herunterfallende Dachziegel oder umgestürzte Bäume)

Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung (HuG)

Greift, wenn Außenstehenden Schäden entstehen (sofern die Verkehrssicherungspflicht nicht grob fahrlässig verletzt wurde).


Denken Sie auch an eine gesonderte Versicherung für Photovoltaikanlagen und prüfen Sie den Abschluss einer Glasversicherung, falls das Gebäude einen hohen Glasanteil aufweist.

Als Eigentümer oder Verwalter ist es Ihre Pflicht, proaktiv zu handeln. Nur durch eine gewissenhafte Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht können Sie die Haftungsrisiken minimieren und Ihre Immobilie optimal schützen.


Haben Sie alle Wartungsnachweise und Kontrollprotokolle Ihrer Liegenschaften aktuell und griffbereit?

 
 
 
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