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Ein Urteil, das alles ändert: Warum jeder Eigentümer und Verwalter die Gemeinschaftsordnung kennen sollte


Fenster als Sondereigentum
Fenster als Sondereigentum

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. Mai 2025, Aktenzeichen V ZR 36/24, befasst sich mit der Frage, wie die Kosten für die Beseitigung von anfänglichen Mängeln am Gemeinschaftseigentum innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zu verteilen sind, wenn die Gemeinschaftsordnung eine abweichende Kostenregelung vorsieht.


Hintergrund des Falles

In diesem Fall ging es um eine Wohnungseigentümerin, die eine Klage gegen einen Beschluss ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE) einreichte. Die WEG hatte beschlossen, eine Sonderumlage in Höhe von 875.000 € zur Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum zu erheben, unter anderem an den Fenstern, die bereits bei der Errichtung der Anlage mangelhaft waren. Die Kosten sollten nach Miteigentumsanteilen verteilt werden.


Die Gemeinschaftsordnung und das Urteil

Die Gemeinschaftsordnung der WEG enthielt eine Regelung, wonach jeder Sondereigentümer die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung von bestimmten Teilen des Gemeinschaftseigentums, die sich in seinem räumlichen Bereich befinden, selbst tragen muss. Dazu gehörten unter anderem Fensterrahmen und Fensterscheiben.

Das Berufungsgericht gab der Klägerin Recht und erklärte den Beschluss für ungültig, da die Sonderumlage gegen die Gemeinschaftsordnung verstieß. Die WEG legte daraufhin Revision beim BGH ein. Der BGH bestätigte jedoch die Entscheidung der Vorinstanz.

Der BGH stellte klar, dass eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, die die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung bestimmten Sondereigentümern zuweist, im Zweifel auch die Kosten für die Beseitigung anfänglicher Mängel umfasst.


Das Urteil unterstreicht, dass eine Gemeinschaftsordnung vom gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssel abweichen kann. Der Beschluss der Eigentümergemeinschaft, die Kosten nach Miteigentumsanteilen zu verteilen, verstieß somit gegen die in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte Regelung und wurde als Verstoß gegen eine ordnungsgemäße Verwaltung angesehen.

 

Konsequenzen des Urteils für Eigentümer und Hausverwalter

Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für alle Beteiligten, insbesondere aber für die betroffenen Wohnungseigentümer und den Hausverwalter. Es präzisiert, wann Mängelbeseitigungskosten von einzelnen Eigentümern und wann von der Gemeinschaft getragen werden müssen.


Für betroffene Eigentümer

  • Kostenübernahme: Ein Eigentümer, dessen Sondereigentum (z.B. Fenster, Balkon) von einem anfänglichen Mangel betroffen ist, muss die Kosten für die Behebung dieses Mangels selbst tragen, wenn dies in der Gemeinschaftsordnung so vereinbart ist. Das Urteil stellt klar, dass diese Regelung auch für Mängel gilt, die bereits beim Bau der Immobilie vorhanden waren.

  • Kein Anspruch auf Kostenbeteiligung: Betroffene Eigentümer können nicht mehr davon ausgehen, dass die Gemeinschaft für die Beseitigung solcher Mängel aufkommt. Beschlüsse der WEG, die trotzdem eine Verteilung der Kosten auf alle Eigentümer (z.B. per Sonderumlage) vorsehen, sind unwirksam und können erfolgreich angefochten werden.

  • Prüfung der Gemeinschaftsordnung: Eigentümer sollten ihre Gemeinschaftsordnung sorgfältig prüfen, um zu verstehen, welche Mängelbeseitigungskosten sie selbst tragen müssen. Dies ist besonders wichtig beim Kauf einer Wohnung, um das finanzielle Risiko abzuschätzen.

 

Für den Hausverwalter

  • Pflicht zur Beachtung der Gemeinschaftsordnung: Der Hausverwalter muss bei der Erstellung von Wirtschaftsplänen und der Einberufung von Eigentümerversammlungen die Regelungen der Gemeinschaftsordnung genau beachten.

  • Korrektes Vorgehen bei Mängeln: Bei der Beseitigung von Mängeln muss der Verwalter unterscheiden:

    • Gemeinschaftseigentum ohne besondere Regelung: Hier werden die Kosten wie üblich nach Miteigentumsanteilen auf alle Eigentümer umgelegt.

    • Gemeinschaftseigentum mit besonderer Regelung: Wenn die Gemeinschaftsordnung die Kostentragung für bestimmte Teile auf einzelne Eigentümer überträgt (wie im Urteil für Fenster), muss der Verwalter die Kosten direkt den betroffenen Eigentümern zuweisen und darf keine Umlage über die Gemeinschaft beschließen lassen.

  • Risiko von Anfechtungsklagen: Wenn der Verwalter die Kosten falsch zuordnet und die WEG einen unwirksamen Beschluss fasst, riskieren sowohl die Gemeinschaft als auch der Verwalter eine Anfechtungsklage, was zu rechtlichen und finanziellen Nachteilen führen kann. Das Urteil bietet dem Verwalter nun eine klare rechtliche Orientierung, um solche Fehler zu vermeiden.

 
 
 
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